Hochkomplexe Fertigung in der Luftfahrtindustrie mit SAP MES

Durch die Einführung eines zukunftsfähigen, skalierbaren Manufacturing-Execution-Systems (MES) hat MTU Aero Engines für sich das Ideal der „Produktion der Zukunft“ umgesetzt. Die neue harmonisierte Systemlandschaft und die SAP-MES-basierte Online-Auftragsdurchführung sorgen für vereinfachte, fehlerfreie und prozesssichere Arbeitsschritte sowie für eine effiziente Ausnutzung der Produktionskapazitäten.

Drei Buchstaben stehen nicht nur in der Luftfahrt für Technologie der Spitzenklasse: MTU. Der DAX-Konzern, dessen Wurzeln bis in die Anfangszeit des Motorflugs zurückreichen, ist heute Deutschlands führender Triebwerkshersteller. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 10.500 Mitarbeitende und erzielt einen jährlichen Umsatz von etwa 4,2 Milliarden Euro. MTU treibt eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit an: die Vision vom emissionsfreien Fliegen. Unter dem Motto „Driven by the visions of tomorrow“ möchte das Unternehmen bei der Umsetzung dieses ambitionierten Ziels seinen Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen.

Potenziale der Digitalisierung auf der Agenda

Um die steigende Nachfrage und die für die kommenden Jahre prognostizierten steigenden Stückzahlen operativ effizient abbilden zu können, setzte sich MTU mit den SAP-Ingenieuren der IGZ in Verbindung. Denn MTU benötigte einen Implementierungs- und Realisierungspartner mit großer Expertise im Bereich Online-Shopfloor-Steuerung und Echtzeit-Transparenz – den zentralen Herausforderungen von MTU. Zudem überzeugte IGZ MTU mit Kompetenz und Erfahrung in der Erstellung von Templates mit standortübergreifender Wiederverwendbarkeit sowie mit Flexibilität bezüglich der zeitgleichen Arbeit an mehreren Standorten.

Der Triebwerkshersteller wollte die Effizienz der Produktion mit Hilfe der Digitalisierung auf ein neues Niveau heben. Weitere Ziele waren eine effiziente, papierlose Auftragsdurchführung in digitaler Form und eine Online- Visualisierung der jeweils aktuellen Planungs-, Auftrags- und Fertigungssituation.

Schnell kristallisierten sich im gemeinsamen Gespräch die umfänglichen, im Standard enthaltenen Funktionsmöglichkeiten und das breite Einsatzspektrum von SAP MES als ideal heraus, um Bearbeitungszeiten zu verringern, Fertigungskapazitäten zu steigern und die produktiven Maschinenstunden zu erhöhen.

Das SAP-Manufacturing-Execution-System sollte zukünftig die Produktionssteuerung unterstützen, um eine verstärkt automatisierte und effiziente Herstellung der hochkomplexen Triebwerkskomponenten zu realisieren. Der aus dieser Vorgabe abgeleitete Maßnahmenkatalog war ein zentraler Bestandteil der strategischen Ausrichtung zur IT-Modernisierung und Digitalisierung der Produktionsstandorte von MTU.

Rolloutfähiges Template mit hoher Wiederverwendbarkeit und Cloud-Readyness

Das Ziel war die Erstellung eines SAP-MES-Templates für sämtliche standortübergreifenden Produktionsprozesse für die Herstellung von Turbinenkomponenten, inklusive der hochkomplexen Blisk-Fertigung (Blade Integated Disk) mit hoher Wiederverwendbarkeit der notwendigen SAP-MES-Funktionen.

Mithilfe dieses Templates wollte MTU den Roll-out von SAP MES für weitere Anlagen, Bereiche und Werke vereinfachen und beschleunigen. Außerdem wurden die SAP S/4 HANA-Integration, Cloud-Readyness inklusive der ERP Planungsszenarien sowie die Einbindung von NC-Programmen berücksichtigt. Zur Projektvorbereitung hat man fundierte SAP-MES-Einsatzanalysen am Standort München für die Blisk-Fertigung sowie im Bereich der Gehäuse- und Scheibenfertigung in Rzeszów in Polen durchgeführt.

Auf Basis der Ergebnisse dieser Voranalysen im Sinne einer strukturierten Einführungs und Migrationsstrategie sowie Budgetierung und terminlichen Planung seitens IGZ entschied sich MTU für die Pilot-Einführung am Standort Rzeszów. Gut gerüstet durch ein projektspezifisches Vorabtraining sowie IGZ-Entwicklerschulungen für die IT-Mitarbeitenden von MTU startete das Projekt mit dem Kick-off im November 2020 mit der Spezifikationsphase.

Bereits im März des darauf folgenden Jahres wurde parallel mit der Spezifikation für München begonnen. Das alles erfolgte trotz pandemie-bedingter Reiserestriktionen problemlos. Es folgten die Implementierung des Piloten und schließlich der Go-live des SAP MES in Rzeszów im Juli 2022. Die fundierte Projektvorbereitung mittels Einsatzanalyse inklusive wichtiger Schulungsmaßnahmen war ein wichtiger Erfolgsfaktor für den reibungslosen Projektverlauf im Zeitplan und Budget.

Online Auftragsdurchführung für effiziente Prozesse

Durch die MES-Lösung werden die Mitarbeitenden beim Bauteile-Rüsten an ihren Arbeitsplätzen nun durch eine Online-Anzeige des Arbeitsvorrats gemäß der ERP-Planung unterstützt. Dank digitaler Integration der Fertigungs-Hilfsmittellisten erhalten sie Informationen, welche Werkzeuge und Bearbeitungsunterlagen für den Rüstvorgang erforderlich sind. So werden die Mitarbeitenden über eine vereinheitlichte Oberfläche sicher und unmissverständlich durch den Auftrag geführt.

Eine automatisierte Verlinkung des jeweils für den Auftrag richtigen und notwendigen NC Programms aus Siemens Teamcenter ermöglicht den operativen Aufruf für den Auftragsstart im SAP MES.

Eine wesentliche Vereinfachung des Prozesses ließ sich auch über die Integration des Qualitätsmanagementsystems Guardus erzielen, welches die Seriennummernübermittlung während der Produktion und eine automatische Online-Prozessverriegelung mittels Qualitätsprüfschritten ermöglicht. Die Online-Betriebsdatenerfassung (BDE) liefert für die Analyse jeweils aktuelle Details zu Personal-, Maschinen-, Rüst- und Mehrzeiten. Zusätzlich gibt es noch das sogenannte „Control-OK“, das man für das stündliche Soll- und Ist-Feedback durch die Werker eingeführt hat. Dadurch lassen sich Angaben und Hinweise zu Verlustzeiten machen, die die Nachvollziehbarkeit der Gründe für Mehrarbeit vereinfachen.

Ergänzend zu den Fertigungsauftragsdaten, zum Beispiel Arbeitsplan und Stückliste, werden unter anderem Seriennummern und Restlaufzeiten am Monitor angezeigt. Somit ist der gesamte Maschinenstatus und Fertigungsauftragsfortschritt während des jeweiligen Produktionsschrittes online und in Echtzeit ersichtlich. Die automatisierte Maschinendatenerfassung (MDE) über SAP PCo (SAP Plant Connectivity) bietet zudem Möglichkeiten zur automatisierten Verlustzeitenerfassung, die direkt in die OEE-Kalkulation einfließt, um weitere Potenziale zur Effizienzsteigerung transparent zu machen.

Potentiale der Produktionssteuerung mit SAP MES maximal ausgeschöpft

Durch die Einführung von SAP MES konnte MTU seine Prozesslandschaft harmonisieren und zukunftssicher ausrichten. Der Auftragsfortschritt ist jetzt bis auf Einzelmaschinen-Ebene lückenlos nachvollziehbar. Über die automatische Prozessverriegelung konnte man zudem sicherstellen, dass sich der Folgevorgang erst dann starten lässt, wenn der vorangegangene vollständig abgeschlossen wurde. In enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit IGZ ist so die perfekte Lösung für eine State-ofthe-Art-Produktionssteuerung entstanden.

SAP MES stellt die zukunftssichere Basis für den Roll-out auf weitere Anlagen, Fertigungsbereiche und ganze Werke dar. Darüber hinaus profitiert MTU von einem hohen Maß an Flexibilität dank einer standardisierten Shopfloor-Integration über OPC UA an SAP PCo.

Damit lassen sich weitere Anlagen und Maschinen mittels MQTT (Siemens Brownfield Connector) verbinden, einfach konfigurieren und direkt über OPC UA anbinden. So wird eine harmonisierte Systemlandschaft mittels einheitlicher Standardschnittstellen erreicht, und die offene SAP-MES-Systemplattform lässt sich durch den IGZ-Know-how-Transfer nun auch in-house durch MTU-eigene IT-Consultants erweitern.

Ein papierbasiertes Reporting von Verlustzeiten entfällt, ebenso wie das manuelle Dokumenten-Handling. Stattdessen unterstützen elektronische Arbeitsanweisungen, die Teamcenter-Integration und eine einheitliche Werker-Oberfläche mit integriertem Viewer zur digitalen Anzeige der Arbeitsunterlagen die Mitarbeitenden bei der sicheren und effizienten Erfüllung ihrer Tätigkeiten. Weitere Unterstützung bietet der gezielte Programmabsprung in das Guardus-QM-System, der zur Verifizierung der erforderlichen Qualitätsprüfungen dient. Die Online-Anzeige der Maschinenbelegung und des Auftragsfortschritts bietet sowohl während als auch nach der Produktion die gewünschte Transparenz. Auf diese Weise lassen sich auch kurzfristig Maßnahmen für weitere Optimierungen einleiten.

Template als Motor für schnelle Rollouts

„Die Prognosen zu Kosteneinsparungen gegenüber externen MES-Drittlösungen wurden mit der SAP-Lösung von IGZ weit übertroffen“, bestätigt Sascha Pirke, Projektleitung bei MTU.

„Aufgrund der Wiederverwendbarkeit der SAP-MES-Lösung in Polen und weiteren Standorten ergeben sich deutliche Synergieeffekte. Außerdem haben das vorkonfigurierte Template und der frühzeitige Know-how-Transfer durch IGZ für einen schnellen und reibungslosen Projektverlauf gesorgt.“

Das hat für MTU den zeitlichen und organisatorischen Aufwand erheblich verringert und weniger Ressourcen gebunden.

Das erstellte Template, die fundierte Projektvorbereitung und das Migrationskonzept mit einer strukturierten, aufeinander aufbauenden Phaseneinteilung beschleunigte den Go-live von SAP MES in Rzeszów.

Darüber hinaus ermöglichte es, weitere Bereiche am Standort Polen flexibel und parallel aufzuschalten sowie einen nahtlosen Roll-out der Standardsoftware in die Blisk-Fertigung in München während eines aktuell laufenden Projektes zu gewährleisten.

MES-gestützte Produktion der Zukunft – cloud ready

Nach der erfolgreichen Piloteinführung in Rzeszów treibt MTU nun die Produktion der Zukunft mit SAP MES weiter voran. In Polen hat das dortige Team die Planungen für den Roll-out auf die nächste Produktlinie für Schaufeln in Angriff genommen.

Zuzanna Sroczyk, IT-Leiterin von MTU am Standort Rzeszów zeigt sich zufrieden: „Aufgrund der Vielfalt der im MES generierten Daten und der Möglichkeit zur Integration mit anderen Systemen bietet uns SAP MES viele Möglichkeiten zur Automatisierung und Digitalisierung für die nächsten Implementierungen. Da der Qualitätsstatus des Produktionsauftrags auf Einzelteilebene verfolgbar ist, können wir auf Prozessunregelmäßigkeiten schnell reagieren und zusätzliche Maßnahmen ergreifen.“

„Die Zusammenarbeit mit IGZ gestaltete sich trotz vielfältiger Herausforderungen durch die internationale Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg hervorragend. Die gemeinsame Projektumsetzung war ein voller Erfolg“, zeigt sich Sascha Pirke zufrieden und ergänzt: „Mit SAP MES sind wir für die ‚Produktion der Zukunft‘ gut gerüstet. Neue, aus der Entwicklungsarbeit resultierende Produkte für die Luftfahrtindustrie lassen sich nahtlos in das MES integrieren.

Optimale Maschineneffektivität ist mit Hilfe des MES gewährleistet und hilft uns, die steigenden Stückzahlen zu bewerkstelligen.“ Für weitere Roll-outs wurden bereits heute IGZ-Projektaktivitäten für die Transformation und Verwendung von SAP Digital Manufacturing (DM), der cloud-basierten „Next Level MES-Lösung“ von SAP, gestartet. Dies bietet MTU einen hybriden Systemansatz mit dem größtmöglichen Funktionsspektrum und voller Flexibilität.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!


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