Retrofit & Co. – Richtige Dosierung oft maßgeblich!
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RFID (radio-frequency identification) wird oft im Zusammenhang mit Industrie 4.0 genannt. Doch was ist RFID genau und für welche Prozesse ist es in Logistikzentren oder generell in einem Lager mit SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) nützlich?
RFID bezeichnet eine Technologie zur Lokalisierung und automatischen Identifizierung durch Radiowellen. Für die Anwendung der Technologie ist ein System aus Sender und Empfänger notwendig, das sich aus einem Transponder und einem Lesegerät zusammensetzt. Bei den Lesegeräten kann es sich sowohl um stationäre Einheiten als auch um mobile Geräte (Devices) handeln.
Die Verwendung von RFID-unterstützten Prozessen ist in der Lagerlogistik mit SAP EWM eine eher in Ausnahmefällen genutzte Technologie. Sie lässt sich jedoch grundsätzlich für viele Anwendungsgebiete einsetzen. Ob der Einsatz von Vorteil ist, hängt ganz von den Gegebenheiten ab.
Nachfolgend werden mögliche Anwendungsbeispiele näher beleuchtet:
Beim Wareneingang zeigen sich die Stärken des RFID in Form von einer Effizienzsteigerung: Hier können Ladungsträger in Masse bearbeitet werden, ohne dass für den Mitarbeiter eine zusätzliche Tätigkeit (Erfassen oder Scannen) notwendig ist. Unterstützt durch einen gut einsehbaren Monitor oder ein Terminal am Stapler kann der Benutzer seinen Wareneingang überprüfen. Nicht im SAP EWM verbuchte Ladungsträger können in diesen Anzeigen visualisiert und nach der Entladung abgearbeitet werden. Wenn der Wareneingang für jeden Ladungsträger einzeln durchgeführt wird (z. B. Paletten werden einzeln aus einem LKW entladen) ist eine automatische Einlagerung in den Qualitätssicherungs- oder freien Bestand möglich. Auch kann die Ware sofort in den endgültigen Ziellagerplatz eingelagert werden. Das jeweilige Ziel wird dem Mitarbeiter am Terminal angezeigt. Nach Einlagerung wird die Lageraufgabe (LB) per Touch-Screen in SAP EWM quittiert.
Für eine massenhafte Bearbeitung von Ladungsträgern werden die Lesungen im SAP EWM über eine Eingangsqueue abgearbeitet. So kann sichergestellt werden, das keine Lesungen unbearbeitet bleiben. Von Seiten der Hardware (RFID Lesetechnik) ist auf die sogenannte Lese-Rate zu achten. Ab einer bestimmten Anzahl von gleichzeitigen Lesungen kann die Fehlerhäufigkeit (abhängig von der Lesetechnik) signifikant ansteigen, was die Effektivität der Gesamtlösung sinken lässt, da manuelle Nacharbeit im SAP System erforderlich wird. Bei qualitativ hochwertiger Lesetechnik und guten Leseraten kann sich hier jedoch sehr schnell ein spürbarer Effizienzgewinn einstellen.
In manuellen Lägern kann die Ein- und Auslagerung von Ware durch mobile MDE-Geräte (Handscanner) mit integrierten RFID-Readern durchgeführt werden. Das Risiko von unerwünschten Lesungen muss in diesem Anwendungsfall möglichst geringgehalten werden. Durch die Ausrichtung der Empfängerantenne ist es möglich, den Lesebereich den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. Die Ausrichtung des Lesebereichs kann je nach Modell softwareseitig eingestellt werden oder wird über entsprechende Beschilderung gelöst.
Eine nachträgliche Kontrolle der erfassten TAG-Nummer ist in der Regel nicht sinnvoll. Der zeitliche Aufwand gegenüber einer Barcode-Erfassung ist zu vernachlässigen, was die Anwendung somit nur für Nischenprodukte interessant macht (z.B. sehr große Bauteile).
Bei Packstationen / Packtischen kann der manuelle Scan eines Barcodes durch eine RFID-Erfassung im SAP EWM ersetzt werden. Vorrausetzung ist ein gut strukturierter und übersichtlicher Arbeitsplatzdialog (im SAP EWM), welcher den Mitarbeiter die jeweiligen Arbeitsschritte anzeigt und durch den Prozess führt. Wird diese Technologie auch noch durch einen Touch-Screen unterstützt, kann komplett auf Eingabegeräte verzichtet werden. Dies kann dann zu einer deutlichen Optimierung des Verpackungsprozesses führen (Zeit- und Effizienzgewinn).
Im Warenausgang verhält es sich ähnlich wie im Wareneingang: Hier können Ladungsträger ebenfalls in Masse bearbeitet und WA-gebucht werden. Wie auch im Wareneingang ist es sinnvoll, einen gut einsehbaren Monitor oder ein Terminal am Stapler zur Kontrolle aller Lesungen vorzusehen. Hier können dem Mitarbeiter nicht gebuchte Ladungsträger auf einen Blick angezeigt werden.
In der Praxis werden heute RFID-Anwendungen meist noch zusätzlich durch Barcode-Labeling oder andere (alternative) Handlingprozesse ergänzt, um vollständige Prozesssicherheit zu gewährleisten. Betrachten muss man oft die Flexibilität sowie den Kostenfaktor der Lesetechnik. RFID ist heute grundsätzlich noch nicht so flexibel einsetzbar wie eine Warenidentifikation mit Barcodes (Barcode ist nach wie vor Marktstandard).
Sofern RFID-Etiketten eingesetzt werden, müssen diese mit einem Spezialdrucker erstellt werden, was den Kostenfaktor neben dem Hardwarekosten für die Lesetechnik noch weiter in die Höhe treibt. Wenn man den Kosten-Nutzen-Faktor im Auge behält, kann RFID mittel- und langfristig vor allem für automatische Buchungen im Wareneingang und Warenausgang sehr nützlich sein.