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Im Zeitalter der digitalen Transformation rückt auch der Lean-Management-Ansatz zunehmend in den Fokus der Betrachtung. Dies mag zunächst widersprüchlich klingen. Schließlich zielt Industrie 4.0 verkürzt ausgedrückt auf eine intelligente Vernetzung von Maschinen, Menschen und Software. „Lean“ hingegen bezweckt in erster Linie schlanke Prozesse, in denen weitestgehend bis ausschließlich wertschöpfende Arbeiten – ohne Verschwendung von Ressourcen – verrichtet werden. Dennoch verfolgen beide Konzepte de facto die gleiche Zielsetzung: Im Mittelpunkt steht die Reduzierung von Komplexität anhand von verbesserten Planungs- und Steuerungsmechanismen.
Merkmale und Stärken der „Lean Production“ sind ebenso Inhalt dieses Beitrags wie die Vorteile einer Kombination dieser Methodik mit den Gestaltungsprinzipien einer „Smart Factory“. Außerdem geht es darum, welche Tools SAP aktuell zur Verfügung stellt, um schlanke, dezentral gesteuerte Produktionsprozesse zu realisieren.
Der Lean-Gedanke grassiert bereits seit den 1990er Jahren und basiert auf dem Toyota Produktions-System (TPS). Damit einher ging beziehungsweise geht der Anspruch, bei einem verringerten Einsatz von Ressourcen eine höhere Durchsatzleistung in Verbindung mit verbesserter Qualität und verringertem Ausschuss zu erzielen. Ein Trugschluss ist die Vermutung, dass es hierbei in erster Linie um Einsparungen geht. Im Mittelpunkt steht vielmehr ein möglichst (zeit-)effizienter Einsatz von Materialien, Menschen und Maschinen. Bei gesteigerter Produktivität soll es möglich sein, Lagerbestände zu minimieren und nicht ausgelastete Kapazitäten sukzessive abzubauen.
Grundgedanke ist der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) gemäß „Kaizen“, der mittels Standardisierung eine anhaltende Optimierung von Produkt-, Prozess- und Servicequalität anstrebt. In diesem Kontext kommt den Mitarbeitern ein zentraler Part zu, indem sie diese Entwicklung innerhalb eines konzeptionellen Rahmens aktiv vorantreiben und stetig weitere Verbesserungsvorschläge in das operative Geschäft einbringen. Diesem Ansatz folgend sind sämtliche Prozesse im Dienste des Kunden allein auf das tatsächlich Nutzbringende ausgerichtet. Die Leistungserbringung soll durch den zielsicheren Einsatz von Ressourcen zum erforderlichen Zeitpunkt in der gewünschten Qualität erbracht werden. Voraussetzung ist, jedwede Art von Verschwendung („Muda“) weitestgehend zu eliminieren. Über die Reduzierung von Lagerbeständen hinaus stehen hierbei insbesondere überflüssige Materialbewegungen und Wartezeiten sowie unergonomische Bewegungsabläufe im Fokus.
Angesichts der stark wachsenden Variantenvielfalt und dem Trend zu immer kleineren Losgrößen sind dem Lean Management trotz aller Vorzüge hinsichtlich Flexibilisierung und systematischer Verbrauchssteuerung nach dem Pull-Prinzip allerdings Grenzen gesetzt. So ist es beispielsweise unumgänglich, das Kanban-System an veränderte Marktparameter anzupassen, die Einfluss auf die Aufbau- und Ablauforganisation nehmen. Begrenzte Vorratshaltung und Personalverknappung können bei unplanmäßigen Störungen in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Logistik zudem dazu führen, dass ab einem gewissen Punkt nur noch geringe bis keinerlei Reserven mehr zur Verfügung stehen. Ferner forciert eine Produktionsversorgung gemäß „Just-in-Time“ das Transportaufkommen auf Seiten der Zulieferer, sodass über den Verkehrszuwachs hinaus vermehrt schädliche CO2-Emissionen erzeugt werden.
Diese limitierenden Faktoren werden durch die Chancen der Digitalisierung aufgebrochen. Auf Basis eines im Unternehmen bereits implementierten und gelebten Lean-Konzepts mit sauber aufeinander abgestimmten Prozessen ist es deutlicher einfacher, Industrie-4.0-Technologien zu integrieren, die mit einem höheren Automatisierungsgrad einhergehen, um komplexe Abläufe sicher zu beherrschen und auch für die Mitarbeiter:innen ein angenehmes, motivierendes Umfeld zu schaffen. Beiden Ansätzen gemein ist hierbei der Umstand, dass sie am Shopfloor ansetzen und ein dezentrales Steuerungsprinzip verfolgen. Von einer Nachrüstung profitieren insbesondere Unternehmen aus dem Bereich der diskreten Fertigung, die verstärkt mit Volumenschwankungen zu kämpfen haben und gleichzeitig dem Trend in Richtung einer verstärkten Individualisierung der Produkte gerecht werden müssen.
Standardsoftware spielt auf dem Weg zur Lean Production respektive zum Lean Manufacturing die alles entscheidende Rolle. Sie koordiniert den Informationsfluss zwischen Menschen, Maschinen, Fertigungslinien, Transportfahrzeugen und auch Containern und ermöglicht so einen synchronisierten und zugleich flexibel organisierbaren Warenfluss entlang der gesamten Supply Chain. Nicht zuletzt hat auch sie das Potenzial, Verschwendung im Sinne von Kaizen zu vermeiden. So war es noch nie so einfach wie heute, Lean-Methoden in SAP abzubilden. Dafür stehen insbesondere moderne Manufacturing Execution-Systeme sowie SAP Advanced Planning and Optimization (APO) bzw. SAP Integrated Business Planning (SAP IBP) als Bestandteil des SAP Supply Chain Managements (SCM) sowie der SAP Business Suite. SAP APO befähigt Anwender beispielsweise, rechtzeitig auf ein variierendes Marktnachfrageverhalten reagieren zu können und auf diese Weise den Service-Level zu erhöhen. Der Funktionsumfang umfasst neben einer globalen Verfügbarkeitsprüfung unter anderem Applikationen für die Absatz-, Produktions- und Feinplanung.
Aber auch das SAP Manufacturing Execution (SAP ME) ist geradezu prädestiniert, eine Lean Production per Definition zu etablieren – speziell im Bereich der diskreten Fertigung. Das vollständig konfigurierbare SAP Manufacturing Execution (SAP ME) erlaubt mittels SAP Plant Connectivity (SAP PCO) die Anbindung vorhandener Shopfloor-Systeme und leistet einen zentralen Beitrag, Komplexität zu reduzieren. Die Lösung ist skalierbar und versetzt Anwender in die Lage, Fertigungsabläufe exakt zu modellieren und dynamisch zu steuern. Ein weiterer Vorteil ist, dass alle im Produktionsprozess anfallenden Echtzeit-Informationen kontinuierlich erfasst und entsprechend kommuniziert werden können.
Darüber hinaus ist durch die Möglichkeit einer stetigen Überwachung des Arbeitsfortschritts sichergestellt, dass die richtigen Produkte zur richtigen Zeit hergestellt werden. Dank des hohen Maßes an Transparenz im Zuge des IGZ Best Practice Order Cockpit (Auftragsfeinsteuerung) können zudem die Fertigungsaufträge bedarfsgerecht den einzelnen Maschinen zugeordnet und feingesteuert werden.
Sie sehen, eine Lean Production, die die konzeptionellen Vorzüge des Lean Managements sowie von Industrie 4.0 vereint, ist kein Hexenwerk! Weitere Vorteile eröffnen sich – speziell mit Blick auf immer kleinere Losgrößen – durch eine Verzahnung der Fertigung mit der Produktionslogistik. So lässt sich mit SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) eine enge Integration mit SAP ME erreichen. Eine weitere Innovation der Walldorfer Softwareschmiede ist das SAP Add-on für Lean Manufacturing Planning and Control (SAP LMPC). Über dieses Modul können sämtliche Produktionsprozesse praktisch wie aus dem Cockpit eines Flugzeuges heraus überwacht werden. Ursprünglich für die Automobilindustrie entwickelt, spielt das Add-on zwischenzeitlich seine Vorteile branchenübergreifend aus. Das SAP LMPC verbindet die Lean-Production-Methode „Heijunka“ mit der Feinplanung, optimiert via Algorithmen die Bildung von Auftragsreihenfolgen und ist schnittstellenfrei konzipiert.