Reishauer – Maschinenbau 4.0 mit SAP Digital Manufacturing

Digitale Montage für mehr Prozesssicherheit

Mit SAP Manufacturing Execution (SAP ME) als neuem Steuerungssystem in der Produk­tion richtet sich der Schweizer Maschinenbauer Reishauer neu aus, und das sowohl in Richtung vernetzter Produktion als auch in Bezug auf Digital Manufacturing. Die von IGZ, dem SAP-Projekthaus für Produktion, realisierte Lösung sorgt für Prozess­sicherheit und Rückverfolgbarkeit jedes einzelnen Montageschritts.

Maschinen, wie sie die Reishauer AG herstellt, gibt es nicht von der Stange. Das Unternehmen mit Hauptstandort in Wallisellen (CH) und Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, China und den USA setzt als weltweit führender Technologieanbieter für das Verzahnungsschleifen mit seinen Wälzschleifmaschinen seit Jahrzehnten die Standards. Reishauer fertigt jede Maschine kundenindividuell, was eine hohe Variantenvielfalt mit sich bringt. Die Produktionszeit der Maschinen bis zur Auslieferung dauert in der Regel mehrere Wochen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind bisher zahlreiche Papierdokumente mit fertigungsrelevanten Daten entstanden, vom Anlegen des Auftrags im SAP ERP zur Kommissionierung im Lager bis über die gesamte Montage hinweg, während der je nach Vorgang zusätzliche Prüfschritte durchzuführen sind. So entstand eine beachtliche Anzahl von Zeichnungen, Montageanleitungen, Prüfpapieren, Kommissionierungszetteln etc. Nach Fertigstellung der Maschine wurden diese eingescannt und dem Kunden als Produktdokumentation übermittelt. Die aufwändige Dokumentation ist Garant dafür, dass die Produktionsmaschinen stets in der richtigen kundenindividuellen Konfiguration fertiggestellt sind.

OEE Berechnung, Prozessverriegelung, Traceability

Reishauer deckte über die früher papierbasierte Dokumentation drei wesentliche Aufgaben ab:
Die Betriebsdatenerfassung, die Verriegelung der Prozesse und die Rückverfolgbarkeit (Traceability) zur Überwachung des Fortschritts einzelner Montageschritte. Dadurch werden die aktuellen Ist-Fertigungsdaten mit den Soll-Vorgaben im ERP-System abgeglichen.

Schwerpunkt der Digitalisierungsinitiative von Reishauer in der Produktion waren diverse Verbesserungs- und Optimierungspunkte, die durch die papierlose Fertigung erreicht werden sollten. Beginnend bei der initialen Bereitstellung der immer umfangreicher werdenden Fertigungsdokumente und Dokumentationsaufgaben sowie der sicheren Organisation des Informationsflusses von konstruktiven Änderungen an die Produktion (z. B. Zeichnungen), zunehmend wichtig für die Berücksichtigung geänderter Kundenanforderungen während der Produktion. Weiterhin die Verbesserung der Transparenz zwischen Produktionsplanung, Fertigung, Logistik und auch der kaufmännischen Ebene durch gemeinsame und unmittelbare Sicht auf die aktuelle Produktionssituation. Und nicht zuletzt die weitere Absicherung der Prozesskontrolle über alle Fertigungsstufen hinweg mit Verbesserungen der Kennzahlen und des Reporting, sowie zusätzliche Absicherung der Qualität.

Geführte Montage mittels SAP MES

Zwar haben die Produktionsmitarbeiter in der Reishauer-Fertigung über die Jahre hinweg ein sicheres Gefühl für ihre Produktionsabläufe entwickelt, dennoch ist es nur mit einem MES möglich, sie wirklich kontrolliert durch die einzelnen Montageschritte zu führen. Deshalb entschied sich das Unternehmen im Jahr 2016 für die Einführung von SAP ME, um einerseits den Overload an papierbasierten Vorgängen durch ein hoch flexibles Standard Manufacturing Execution System abzulösen und andererseits eine maximale Integration in die bestehende SAP-Welt sicherzustellen. Implementierungspartner waren die SAP Manufacturing-Experten von IGZ, für die aus Sicht von Reishauer insbesondere die langjährige und tiefgehende Erfahrung und Kompetenz im Produktionsumfeld spricht. „Uns überzeugten das professionelle Projektvorgehen, das uns Transparenz in allen Phasen des Projektes gewährte sowie das umfangreiche Testmanagement. Wir haben IGZ zudem als führenden SAP ME-Anbieter im deutschsprachigen Markt wahrnehmen können, was sich anhand deren Referenzen auch belegen lies“, so Oliver Ritter, MES Projektleiter bei der Reishauer AG.

Die SAP MES-Standardsoftware ermöglicht die Visualisierung der Auftragsübersicht und das automatische Festlegen der Bearbeitungsreihenfolge für eine optimale Prozessverriegelung. Sie kommuniziert bei Reishauer mit den eingesetzten SAP-Modulen für das Qualitätsmanagement, die Produktionsplanung, dem Dokumentenmanagement, der Materialwirtschaft und der Instandhaltung, um montagerelevantes Equipment sowie unterschiedlichste Qualitätsmeldungen erstellen und aktualisieren zu können. SAP ME gibt Online-Rückmeldungen zum jeweiligen Fertigungsauftrag an das ERP-System zurück. So werden beim Verbau von Komponenten und Baugruppen die dazugehörigen Serialnummern automatisch erfasst und zum Equipment im SAP ERP zurückgemeldet. Zusätzliche Qualitätsmeldungen werden direkt im SAP ME erstellt und automatisch während des Montageprozesses an das QM Modul im SAP ERP zurückgemeldet. Dadurch realisiert der Maschinenbauer durchgängige Montageprozesse von „Topfloor to Shopfloor“, fertigt im Produktionsumfeld papierlos und reduziert auf diese Weise das bestehende Fehlerpotenzial.

Mit digitalisierten Vorgängen zur Smart Factory

Kein Reishauer-Produktionsleiter muss Messwerte und sonstige Kennzahlen an der Maschine ablesen und manuell in ein Formular eintragen, von dem sie dann wiederum in das ERP-System übertragen werden. SAP ME greift die Betriebsdaten automatisch ab und speichert sie zum korrespondierenden Auftrag. Das ermöglicht eine durchgängige Rückverfolgbarkeit und den Zugriff auf stets aktuelle Daten. Somit sind Auswertungen und Analysen der erfassten Daten durch eigens konfigurierte Dashboards sowie Reports für Reishauer möglich, um zukünftiges Effizienzpotential zu visualisieren und dafür geeignete Maßnahmen einleiten zu können. SAP MES-Anwender können im System alle Aufträge und ihren Fertigungsstand in Echtzeit nachverfolgen.

Prozessverriegelung im MES-System bedeutet: Der nachfolgende Prozess- bzw. Montageschritt kann jeweils nur gestartet werden, wenn der vorherige Montageschritt abgeschlossen und quittiert ist. Es können auch keine Dokumente eingesehen und Daten zu einer Maschine erfasst werden, solange der Auftrag noch nicht auf dem Bildschirm im SAP ME-Terminal ersichtlich ist – eben weil die vorigen Schritte noch nicht durchgeführt bzw. abgeschlossen wurden. Ohne diese systemseitige Führung wäre es sonst möglich, dass der nachfolgende Produktionsschritt schon früher gestartet wird, auch wenn beispielsweise die auftragsspezifische Zeichnung oder Maschinenkonfiguration mittlerweile auf Kundenwunsch geändert wurde, oder ohne dass alle für die Montage erforderlichen Komponenten vorliegen.

"SAP-Standardsoftware und MES-Experten mit hohem Technik Know-how – beides vereint IGZ perfekt."

Oliver Ritter | MES Projektleitung
bei Reishauer

SAP ME führt den Werker hingegen kontrolliert durch alle Prozesse, so dass er keinen Arbeitsschritt mehr versehentlich überspringt. Alle Aktionen werden protokolliert und der Abschluss jedes Teilschritts wird automatisch an das SAP ERP übertragen.

Produktionsplanung und Controlling haben damit eine stets aktuelle Übersicht über den jeweiligen Stand der Fertigung, was die Produktionsplanung erleichtert. Durch die enge vertikale Systemintegration und die konsistente Datenrückmeldung entfällt somit der manuelle Aufwand, so dass am Ende der Produktion die maschinenrelevanten Dokumente (z. B. Abnahmeprüfzeugnis, Komponentenliste, …) per Mausklick mit SAP ME an den Kunden online übertragen werden können. Für Reishauer ein enormer Zeit- und Effektivitätsgewinn.

SAP ME-Rollout auf die komplette Fertigung bei Reishauer

Mehr als 60 Werker und Schichtleiter arbeiten mittlerweile mit dem System. Reishauer hat dazu in der Produktion mobile Touch-Terminals für eine effiziente und schnelle Auftragsdurchführung installiert und dadurch die Möglichkeit geschaffen, komplexe Arbeitsanweisungen und Konstruktionszeichnungen für eine sichere Werkerführung anzuzeigen. Mit komplexen User-Interfaces müssen sich die Werker jedoch nicht befassen: Die Anwenderoberfläche ist ergonomisch erstellt und der Zugriff erfolgt webbasiert. Es muss somit nichts installiert werden, sondern kann z. B. auf jedem Mobile Device mit vorinstalliertem Web-Browser verwendet werden.

Die Arbeit mit SAP ME hat bei dem Maschinenbauer neben einer höheren Effizienz zu mehr Transparenz und einem deutlich höheren und besseren Online-Dokumentationsgrad geführt. Das System unterstützt die Anwender und Anwenderinnen in jedem einzelnen Produktionsabschnitt und ermöglicht eine übersichtliche, kontrollierte und vor allem papierlose Fertigungssteuerung. Produktion und Logistik sind zudem eng in SAP integriert und miteinander vernetzt, ebenso mit der administrativen IT-Ebene; Termine für alle Bereiche werden in einem zentralen System abgebildet und darüber synchronisiert. Die Online-Prozessverriegelung reduziert Fehler und Nacharbeitsaufträge. Das Ergebnis: Qualität und Effektivität der täglichen Produktion werden gesteigert.

Neben der Baugruppenmontage ist SAP ME auch in der gesamten Taktmontage im Einsatz, in welcher die einzelnen Baugruppen miteinander „verheiratet“ werden. Reishauer plant ferner weitere Rollouts für die nachgelagerte Fertigung, darunter vollautomatische Anbindungen von hochkomplexen Fräszentren an die MES-Lösung.


Zurück zur Übersicht