Höchste Qualitätsstandards

Hersteller von Convenience-Food setzt auf SAP MES zur Produktionssteuerung

Im Rahmen einer Digitalisierungsinitiative in der Produktion hat der Lebensmittelhersteller Hilcona ein zukunftsfähiges Manufacturing Execution System (MES) eingeführt. Verschiedene Insellösungen wurden abgelöst und die Systemlandschaft vereinheitlicht. Dank Know-how-Transfer durch das beteiligte SAP-Projekthaus IGZ kann das System nun nahezu eigenständig weiter ausgerollt und angepasst werden.

Mit der Einführung eines Manufacturing Execution System (MES) hat die Hilcona AG als Lebensmittelhersteller im Bereich Frische-Convenience unternehmensweit einen neuen Standard für alle Herstellungsprozesse und Standorte geschaffen. Ohne jeglichen Papiereinsatz ermöglicht die durchgängige Digitalisierung seither ein lückenloses Monitoring sowie die Online-Rückverfolgbarkeit und -Dokumentation der Produktentstehung aller Produktionsprozesse in Echtzeit.

1935 als Konservenfabrik gegründet, ist Hilcona mit seinen rund 2.000 Mitarbeitenden seit 2017 Teil der Bell Food Group. Das Produktspektrum umfasst unter anderem Pasta und Saucen, Tiefkühlkost, Fertiggerichte, vegane und vegetarische Alternativprodukte sowie Konserven und Sandwiches. Produziert wird am Hauptsitz in Schaan im Fürstentum Liechtenstein, in den Schweizer Orten Orbe und Landquart sowie im deutschen Bad Wünnenberg.

Gewachsene Strukturen haben zunehmend limitiert

Angesichts steigender Nachfrage nach frischen Convenience-Waren unterlag die Produktion einem täglichen Stresstest. Das lag in erster Linie an einer Vielzahl unterschiedlicher Softwarelösungen und war langfristig nicht mehr abzufangen. Es existierte kein flächendeckendes, einheitliches MES für alle Bereiche, die papierbasierte Auftragsabwicklung war fehleranfällig und Rückmeldungen erfolgten stets zeitversetzt. Zudem mangelte es an Transparenz bei der Verwaltung der Bestände. Eine durchgängige Rückverfolgbarkeit war nur mit hohem manuellem Aufwand gewährleistet. Mit einem Alter von mehr als 15 Jahren hatten die proprietären Systeme zudem den gesetzten End-of-Life-Status erreicht. Ferner konnten notwendige Anpassungen und Erweiterungen der bestehenden Lösung nicht in Eigenregie durchgeführt werden. Zu groß war den Verantwortlichen die Abhängigkeit von externen Partnern.

Standardisiertes MES für alle Prozesse und Standorte

Es bestand also großer Handlungsdruck. „Wir haben 2017 gemeinsam mit der IGZ, dem SAP-Projekthaus für Produktion, begonnen, die Implementierung von SAP MII vorzubereiten“, berichtet Hilcona-Projektleiter Martin Steiner. Bei der geplanten Einführung eines einheitlichen, standardisierten MES stand neben der Ablösung der veralteten Subsysteme der Umstieg von papiergeführter auf eine softwarebasierte, automatisierte Produktionssteuerung im Fokus. Angestrebt wurden eine harmonisierte Systemlandschaft, in Verbindung mit deutlichen Qualitäts- und Effektivitätssteigerungen – unter anderem durch Online-Prozessverriegelung und -kontrolle. Das zu implementierende MES sollte ein bereichsübergreifendes Echtzeit-Monitoring und die Anbindung und Visualisierung von Maschinenzuständen ermöglichen, um einheitliche Kennzahlen (KPI und OEE) für alle Werke zu etablieren. Ziel war auch, bereichs- und standortübergreifend kontinuierlich Verbesserungspotenziale identifizieren und erschließen zu können.

MES-Pilot als Wegbereiter

Auf Basis der durch IGZ durchgeführten Einsatzanalyse, die als Entscheidungsgrundlage dafür diente, das ambitionierte Projekt gemeinsam anzugehen, wurde die SAP-MES-Einführung in Schaan und Orbe konzeptioniert. Nach Abschluss des gemeinsam erarbeiteten Migrationskonzepts auf Basis eines Phasenmodells fiel im dritten Quartal 2018 der Startschuss zur Implementierung von SAP MII (Manufacturing Integration and Intelligence) für einen Piloten in der Füllungsherstellung in Schaan. Dort werden verschiedene Rohstoffe wie Spinat, Käse und Pesto für die weitere Verarbeitung bereitgestellt. Grundlage war ein MES-Basis-Template für die Batchfertigung.

Einen Schwerpunkt bildete neben der Ablösung des bestehenden Verwiegungssystems die Waaerschienen gen-Integration mittels der IGZ-Best-Practice-Lösung „Weighing + Dispensing“ sowie eine umfassende ERP-Integration. Weiterhin kamen für die Online-SAP-MES-Auftragsdurchführung und -Steuerung das IGZ-Best-Practice „Flow + Pack“ für eine bestmögliche Prozessintegration zum Einsatz. Dank der Integration produktionsrelevanter Dokumente wie Herstell-, Rüst- und Reinigungsanweisungen sind die papierlose Auftragsabwicklung und Dokumentation heute täglich gelebter Standard bei Hilcona.

Das IGZ-Best-Practice „Order Cockpit“ optimiert die Auftragsfeinsteuerung, inklusive Rüstund Reinigungssteuerung und ermöglicht kurzfristig auf unvorhergesehene Ereignisse während der Produktion zu reagieren.

Mittels mobiler SAP-MES-Interfaces wurde darüber hinaus eine optimierte Nachschubapplikation und Bestandsführung realisiert. Dem SAP MES obliegen zudem das Monitoring und die Versorgung der Fertigung mit Rohmaterialen.

Roll-outs auf weitere Bereiche und zusätzliche Standorte

Anfang 2020 startete dann der Roll-out des Piloten auf weitere Abteilungen in Schaan sowie auf den Produktionsstandort Orbe. Auf Grundlage des vorhandenen SAP MES- Basis-Templates wurden dediziert Funktionen erweitert, zum Beispiel wurde die Usability des MES-Systems weiter verbessert – unter anderem für die Abteilungen Präparation und Teigherstellung sowie für die Gewürzaufbereitung.

Im nächsten Schritt wurde das Basis- Template für die Fließfertigungsprozesse für Frische-Pasta in Schaan erweitert. Der vorhandene Non-SAP-Leitstand konnte als eine der ersten Maßnahmen abgelöst werden. Durch den SAP-MII-Leitstand sind heute sämtliche Anlagen und Maschinen wie Prozesswagen, Primär und Sekundärauszeichner sowie weitere Teilanlagen innerhalb des Fließfertigungsprozesses vereinheitlicht.

Das IGZ-Best-Practice „Fill + Pack“ diente hier als Projektbeschleuniger. Über die hochdynamische Maschinenintegration wurde eine Visualisierung der Anlagenverfügbarkeit mittels Leitstand bis zum Zustand einer jeden einzelnen Maschine umgesetzt. Derzeit betrifft das rund 120 Maschinen, darunter Checkweigher, Metalldetektoren und Sterilisationseinheiten. Perspektivisch peilt Hilcona an, etwa 200 Maschinen einzubinden. Entsprechend groß ist die Anzahl an Arbeitsplätzen und bereichsspezifischen Stammdaten. 

Dank SAP MES werden in Schaan nun auch Prozessparameter wie Drehzahl, Temperatur und Programme bereitgestellt. Parallel dazu werden die Rückmeldungen zu Prozesswerten auf Basis durchgeführter Aufträge online in Echtzeit erzeugt. Das können Gutmengen, Ausschuss und/oder Ist-Zeiten sein.

Dank Schaffung einer durchgängig bereinigten und komplettierten Datengrundlage ist Hilcona darüber hinaus bereits heute in der Lage, die KPI- und OEE-Ermittlung nach Weihenstephaner Standard inklusive Auswertung und Monitoring sowie Reporting via IGZ-Best-Practice „OEE 4.0“ zu nutzen – bereichs- und standortübergreifend. Der Weihenstephaner Standard wurde von einem Arbeitskreis, bestehend aus Maschinenbauern, Anlagenlieferanten, IT-Systemhäusern unter Führung der Technischen Universität München (TUM) am Lehrstuhl für Lebensmittelverpackungstechnik in Weihenstephan entwickelt.

Mannlos fertigen und begleitend prüfen

Anfang 2021 erfolgte unter anderem der Roll-out der Fließfertigung in Orbe (Sandwich und Frisch-Pizza) sowie in weiteren Abteilungen am Standort Schaan. Zudem wurden die Basis-Templates für Batch- und Fließfertigung erweitert. Insbesondere standen produktionsbegleitende Qualitätsprüfungen mittels QM-Funktionen im SAP MES im Fokus der erfolgreichen Einführung. Da diese im Non-SAP-ERP-System nicht vorhanden waren beziehungsweise nicht genutzt wurden, übernimmt das SAP MES heute eigentliche ERP-Applikationen wie die Prüfplanung, -erfassung und -auswertung. Zudem wurde das Maschinenintegrationskonzept um eine mannlose Fertigung erweitert beziehungsweise vorbereitet, das heißt, Maschinen und MES agieren interaktiv ohne Eingriffe von Mitarbeitenden. Darüber hinaus konnten spezifische Prozessanforderungen integriert werden, zum Beispiel Hygienisierung, Wellenbildung zur Produktionsversorgung, Dekantieren und vieles mehr.

Im Rahmen der engen Zusammenarbeit fand ein stetiger Know-how-Transfer von IGZ in das SAP-MES-Kernteam von Hilcona statt. Dank dieses Train-the-Trainer-Prinzips konnten die bereichsspezifischen Key-User sukzessiv eigenes Wissen aufbauen, um zukünftig weitere Anpassungen und Roll-outs auf Basis der verfügbaren Templates weitestgehend in Eigenregie vornehmen zu können. Das verschafft Hilcona ein hohes Maß an Flexibilität, um das System beispielsweise selbst anzupassen. Die Abhängigkeit von externen Partnern konnte so stark reduziert werden. Parallel erfolgte durch die Hilcona-Experten der Aufbau von ERP-Stammdaten in Anlehnung an die Roll-out-Geschwindigkeit. Eventuelle Risiken bei der Einführung des SAP MES können damit weiter minimiert und der strategische Roll-out sicherer gestaltet werden.

Effizienz und Ergonomie gesteigert

Die Online-Benutzerführung garantiert Prozesssicherheit, und durch die Automatisierung tendieren manuelle Dateneingaben gegen Null. Das SAP MES sorgt bei Hilcona zudem für einen bedarfsgerechten Produktionsnachschub und für Rückverfolgbarkeit bis auf die Ebene von Einzelgebinden. Die papierlose Produktion und herstellungsbegleitende Prüfungen sichern dabei die Qualität der hergestellten Lebensmittel. Die Abkehr von stationären Dialogen hin zu mobilen Anwendungen hat darüber hinaus die Arbeitsergonomie und -effizienz spürbar und messbar gesteigert.

Eigenständig in die Zukunft

Durch die Implementierung von SAP MII in der Produktion profitiert Hilcona von einer offenen, skalierbaren Systemlandschaft. Ein hohes Maß an Unabhängigkeit ist dabei sichergestellt. Als Folge des Know-how-Transfers durch IGZ kann weitestgehend eigenständig agiert werden, zum Beispiel bei den anstehenden Roll-outs in den Werken Landquart und Bad Wünnenberg. „Durch die Digitalisierung der Produktion mittels SAP MES können wir flexibel auf die sich ändernden Marktanforderungen reagieren. Wir sind sehr gut für die Zukunft gerüstet“, bilanziert Hilcona-Projektleiter Steiner. IGZ sei nicht nur ein erfahrener Partner für SAP MII, sondern auch ein zuverlässiger Logistikexperte. Davon profitieren könne Hilcona bei der geplanten Zusammenführung der Produktionslogistik mit SAP EWM (SAP Extended Warehouse Management) und der SAP-MES-basierten Fertigungssteuerung.


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